man wird ungetröstet bleiben, nie einen Ersatz finden. … Und eigentlich ist es recht so. Es ist die einzige Art,

die Liebe fortzusetzen, die man ja nicht aufgeben will.

Sigmund Freund

 

Wieder ist er da, dieser verflixte 13. Januar, nun schon zum achten mal. Wo ist es hin dieses vergangene Jahr? Im Vergleich zu den letzten Jahren war dieses achte Jahr unseres neuen Lebens relativ ruhig. Zwei Operationen bei Niklas und Mirko, eine kurzzeitige erhebliche gesundheitliche Verschlechterung bei meinem Vater, aber alles ist gut gegangen. Vieles ist in Bewegung gekommen, Tanja hat ein Studium begonnen und Mirko seine Meisterausbildung in Münster, Niklas absolviert mit Freude und Erfolg die letzte Ausbildungsphase. Ich selbst habe endlich einen festen Arbeitsvertrag bekommen. Der kleine Luca wird bald zwei Jahre alt und macht uns allen viel Freude. Also eigentlich läuft alles ziemlich rund im Moment. Trotzdem ist sie da diese innere Unruhe, diese Angst, gerade jetzt spüre ich sie wieder besonders intensiv.

An Tagen wie diesen,

da nie gestillte Sehnsucht gegen verschlossene Tore hämmert,

da das Zerbrochene stärker schmerzt,

das Heimweh unausweichlicher eindringt,

lass mich nicht ohne deinen Engel,

denn wehrloser als sonst findet mich die Verlassenheit

und meine Gedanken irren umher in Vergangenem.

Traurigkeit haftet an jedem Schritt.

Antje Sabine Naegeli

 

Die Zeit um Weihnachten und Silvester 2002 waren die letzten Tage, die wir intensiv mit Sascha erlebt haben und seit dem fällt mir insbesondere der Jahreswechsel sehr schwer. Die Leichtigkeit  und die Freude auf das neue Jahr wird belastet durch angstvolle Gedanken vor der ungewissen Zukunft. Positive Gedanken fallen einfach schwer.

 

Silvesternacht

Lichter erhellen die dunkle Winternacht,

Böller- knallen irgendwo ein Kind das lacht.

Mir ist so kalt, meine Seele friert.

Schon wieder ein Abschied, ein weiteres Jahr,

Gedanken , Bilanz ziehen ob es besser oder schlechter als das letzte war.

Mir ist so kalt meine Seele friert.

Umarmungen und gute Wünsche für das Neue, von denen die mir nahe stehen,

Sehnsucht nach Dir im Herzen und der Wunsch Dich irgendwann wieder zu sehen.

Mir ist so kalt, meine Seele friert.

Ein leuchtender Stern am Himmel durchbricht meine Traurigkeit,

der Gruß von Dir lässt mich wieder glauben an eine bessere Zeit,

bringt die Erinnerungen an das was einst war, so sei denn willkommen Neues Jahr.

 

Acht Jahre scheinen eine lange Zeit, aber Trauer hat ihr eigenes Tempo, dass oft viel langsamer ist als unsere schnelllebige Zeit verlangt. Trauer lässt sich nicht wohl nicht beschleunigen oder abkürzen. Natürlich lässt sie sich scheinbar verdrängen oder wegschieben, aber im Unbewussten unserer Seele bleibt sie erhalten. Sie braucht ihren Raum. Sicherlich ist es in Ordnung, wenn die Trauer ihre Allgegenwart in meinem Leben verloren hat, allerdings habe ich häufig das Gefühl meiner Trauer zu wenig Raum und Zeit geben zu können. Zwei Jobs und Familie lassen mir kaum Zeit, aber mein Körper reagiert und verlangt danach und ganz plötzlich ist es da, diese Gefühl der Schwere. Immer wieder gibt es bestimmte Situationen, die mich traurig stimmen, weil sie mich daran erinnern, dass Sascha sie nicht miterleben kann  z.B.  wenn Niklas und Mirko mit Luca spielen, Freunde den 25ten Geburtstag feiern oder wir alle zusammen sitzen, auch die Jungen mit ihren Freundinnen. Das Gefühl der Trauer ist nicht mehr so heftig, aber ich möchte es auch weiter zulassen, möchte mich und meine Liebe zu Sascha spüren, auch wenn das für Außenstehende schwer zu verstehen ist. Ich wage es kaum noch anzusprechen. Trauer nach acht Jahren wird als krankhaft eingestuft und ich bekomme dann immer  öfter die Empfehlung mir doch jetzt therapeutische Hilfe zu suchen , um mit der Trauer abschließen zu können. Dabei funktioniere ich doch die größte Zeit des Jahres, manches mal sogar über die Maßen. An bestimmten Tagen will ich jedoch einfach nicht

 

Sie sagen, es ist doch schon so lange her,

nach so langer Zeit trauert man nicht mehr.

Man darf sicher erinnern - leise, am besten stumm.

Ich frage, mit welchem Recht sie das sagen, - „warum“?

 

Könnten sie den Schmerz nur erahnen, nicht mal ermessen,

wären sie dann so schnell mit dem Wort „Vergessen“?

Wären auch ihre Augen oftmals von Tränen blind,

würden sie trauern um ihr eigenes Kind?

 

Trauer meist leise, wie ein Windhauch, vertraut und zart.

Doch an solchen Tagen, einem Orkan gleich, brutal und hart.

Träume, Vermissen, Erinnerungen - alles so nah.

Es scheint mir, als ob es erst gestern war.

 

Aber es gibt sie auch die anderen Erlebnisse, die einfach nur gut tun. Letzte Woche traf ich eine eher weitläufige Bekannte, die mir sagte, sie habe gerade an diesem Tag an uns gedacht, denn schließlich sei doch wieder Januar. Oder auch Wünsche von Kollegen gut durch diese Tage zu kommen.

 

Die Erwähnung des Namens meines Kindes

bringt Tränen in meine Augen,

doch er bringt auch Musik in meine Ohren.

Wenn du wirklich mein Freund bist,

lass mich die Musik ihres Namens hören.

Er besänftigt mein gebrochenes Herz

und singt zu meiner Seele.