Du hast ein Recht auf
Deine Trauer"
Du darfst Dich Deinen Verlusten widmen,
musst nicht verdrängen, was Dich beschwert.
Du hast ein Recht, das abzutrauern, was Dich so tief enttäuscht hat
und was Du nicht ändern kannst.
Du hast ein Recht auf Deine Tränen, auf Dein Schweigen,
auf Deine Ratlosigkeit, auf Deine innere und äußere Abwesenheit.
Du musst nicht den Glücklichen spielen,
nicht über den Dingen stehen.
Du hast ein Recht, die wegzuschicken, die Dich mit Gewalt aus Deiner Trauer
herausholen wollen,
weil Deine Trauer sie selbst bedroht.
Du hast ein Recht auf Deine Trauerzeit.
Du hast ein Recht, mit denen nicht reden zu wollen,
die Dir ein schlechtes Gewissen machen für Deine Dunkelheit
und Deine Trauer.
Die mit Sprüchen kommen und Dich mit diesen Sprüchen unter Druck zu setzen
versuchen.
Du hast ein Recht auf Deine Trauerstille.
Du hast das Recht, Dich zu wehren, gegen die, die Dir sagen,
was Du fühlen darfst und was nicht,
die Dich nicht als einzelnen, sondern als Fall behandeln
und sich innerlich nicht wirklich mit Dir einlassen.
Vielleicht macht Dich nichts so menschlich wie Deine Trauer.
Über sie kann ein Trauernder sich Dir nähern und
auf Verständnis hoffen.
Trauern zu können ist eine Gabe.
Lass Dir das Recht auf Deine Trauer nicht nehmen.
Du hast das Recht, Deine dunklen Stunden zu durchleben und
Dich nicht durch billige Sprüche aus ihnen herauslocken zu lassen.
Schon der Versuch ist eine Entwürdigung Deiner inneren Wirklichkeit. Du bist
auch Deine Dunkelheit.
Die Abgründe und Widersprüche gehören auch zu Dir.
Die Schatten geben Deinem Leben Tiefe und Menschlichkeit.
Wer mit Dir in Beziehung tritt, sollte wissen, dass diese Seite zu Dir gehört.
Wer sie in Dir ablehnt, hat nicht das Recht, sich Deinen Freund und Deine
Freundin zu nennen.
Manche geben Dir nicht das Recht auf diese Seite in Dir.
Sie erwarten, dass Du sie unterschlägst und das Glück vorspielst.
Vielleicht haben sie weniger Angst für Dich, als für sich selbst,
weil sie durch Dich an das Unoffene in sich selbst geraten.
Wenn sie darum Dir helfen wollen, geschieht es nicht,
um Dir zu helfen, sondern sich selbst............"
(U. Schaffer)
Es war einmal eine sehr, sehr alte Seele, die sehr, sehr viele
Menschenleben auf der Erde gelebt hatte und deren Dasein als Seele jetzt
ebenfalls fast zu Ende war, ja, bald würde sie mit der EWIGKEIT verschmelzen und
ein Teil davon werden.
Im Augenblick saß die alte Seele in der Leere zwischen ihrem letzten
Menschenleben und ihrer künftigen VERSCHMELZUNG und fühlte sich ein wenig
einsam. Ihre besten Freunde waren auf und davon, die alte Seele konnte sie unten
auf der Erde sehen, wie jede von ihnen einen Menschen mit Eifer, Neugier und
Staunen und den verschiedensten Gedanken erfüllte.
Ich will dorthin, sagte die alte Seele. Ich habe immer noch eine ordentliche
Portion Freude übrig. Ich will dorthin und sie ihnen schenken.
Aber die Zeit, die dir vor der VERSCHMELZUNG bleibt, ist so kurz, warnte der
WÄCHTER. Natürlich kannst du ihnen Freude schenken, aber wenn du nur so kurze
Zeit bei ihnen bleibst, schenkst du ihnen zugleich eine große Trauer, wenn du
sie verläßt.
Ich weiß, sagte die alte Seele. Aber ich will es trotzdem, Ich will ihnen so
viel Freude schenken, dass sie ihnen danach über die Trauer hinweghilft.
Dann soll es so sein, wie du willst, sagte der WÄCHTER und schickte die sehr,
sehr alte Seele los.
Daraufhin bekamen ein Mann und eine Frau auf der Erde ein Kind, das sie sich
schon lange gewünscht hatten. Es war ein allerliebstes Kind, das ihnen vom Tag
seiner Geburt an Freude bereitete, jene ungetrübte Freude, die die Menschen
empfinden, wenn ihre Seelen einander begegnen und sich voller Entzücken aus der
EWIGKEIT wiedererkennen.
Aber bleibt dir nicht nur wenig Zeit? flüsterte die Seele der Mutter der alten
Seele in dem kleinen Mädchen zu.
Die Zeit ist kurz, aber die Freude ist groß, antwortete die alte Seele.
Und obwohl die Mutter dieses Gespräch nicht hörte, weckte das Geflüster eine
ahnungsvolle Unruhe in ihr, einen Hauch des Wissens, dass wir nichts auf der
Erde besitzen, einer den anderen nicht und nicht einmal uns selbst. Alles wird
uns schließlich genommen werden, alles, was wir mit uns tragen, alle Lieben um
uns herum, schließlich auch unser Leben und unser Körper.
Aber das Mädchen wuchs heran, und die Freude, die es verbreitete, war so groß,
dass die Mutter diese Gedanken vergaß. Und der Vater freute sich ebenfalls. Ja,
die sehr alte Seele durfte ihre letzte Zeit genauso verbringen, wie sie es sich
gewünscht hatte.
Aber die Zeit war kurz, auch nach menschlichem Maß war sie kurz, und der
Augenblick kam, da die VERSCHMELZUNG stattfinden würde. Die sehr, sehr alte
Seele erhielt den Ruf, dass sie sich unverzüglich zur Zeremonie einfinden solle,
und musste gehorchen.
Für die Menschen sah es so aus, als hätte ein plötzlicher Tod das Mädchen
ereilt. Ihre Trauer war maßlos, genau wie der WÄCHTER es vorhergesagt hatte.
Und wo man früher die sehr, sehr alten Seelen ihr letztes Häppchen Zeit einfach
in der Leere hat absitzen lassen, bürgerte sich von nun an in der EWIGKEIT die
Sitte ein, dass die alten Seelen zu Menschen, die sie brauchten , geschickt
wurden, um ihnen ihre letzte große Freude zu schenken. Die Freude gibt den
Menschen die Kraft, die anschließende Trauer, die unausweichliche Trauer, zu
ertragen und allmählich in etwas Gutes zu verwandeln.
(Ausschnitt aus dem Buch "Du fehlst mir, Du fehlst mir!" von Peter Pohl & Kinna Gieth
WAS WISST IHR VON MIR
Der Tod hat keine Bedeutung
ich bin nur nach nebenan gegangen
Ihr seht mich nicht
aber in Gedanken bin ich bei Euch
irgendwo, ganz in der Nähe
nur ein paar Straßen weiter
Steh nicht an meinem Grab und weine.
Ich bin nicht dort.
Ich schlafe nicht.
Ich bin in den tausend
wehenden Winden.
Ich bin der Diamant,
der im Schnee glitzert.
Ich bin das Sonnenlicht
über dem reifen Korn.
Ich bin der sanfte Herbstregen.
Wenn Du in der morgendlichen Stille erwachst,
bin ich der Vogel,
der sich schnell in die Lüfte erhebt und zwitschert.
Ich bin der Stern,
der in der Nacht scheint.
Steh nicht an meinem Grab und weine.
Ich bin nicht dort.
Ich bin nicht tot.
Ich bin nicht tot
ich tausche nur die Räume
Ich leb in Euch
und geh durch Eure Träume
Die wir lieben,
sind nur geborgt.
Wann sie gehen,
entscheiden wir nicht.
Wir entscheiden,
ob wir die Erinnerung
als Geschenk annehmen wollen.
Denk Dir ein Bild.
Weites Meer. Ein Segelschiff setzt seine weissen Segel und gleitet hinaus in die offene See. Du siehst, wie kleiner und kleiner wird. Wo Wasser und Himmel sich treffen, verschwindet es. Da sagt jemand: nun ist es gegangen. Ein anderer sagt: es kommt. Der Tod ist ein Horizont, und ein Horizont ist nichts anderes als die Grenze unseres Sehens. Wenn wir um einen Menschen trauern, freuen sich andere
|
Der Tod hat keine Bedeutung-
ich bin nur nach nebenan gegangen.
Ich bleibe, wer ich bin,
und auch ihr bleibt dieselben zusammen.
Was wir einander bedeuten bleibt bestehen.
Nennt mich bei meinem vertrauten Namen.
Sprecht in der gewohnten Weise mit mir
und ändert euren Tonfall nicht!
Hüllt euch nicht in Mäntel aus Schweigen
und Kummer-
lacht wie immer über kleine Scherze,
die wir teilten.
Wenn ihr von mir sprecht,
tut es ohne Reue ohne jegliche Traurigkeit.
Leben bedeutet immer nur Leben-
es bleibt bestehen-
immer- ohne Unterbrechung
Ihr seht mich nicht,
aber in Gedanken bin ich bei euch-
irgendwo, ganz in der Nähe-
nur ein paar Straßen weiter
Henry Scott Holland
Ich habe geweint,
und alle sahen Lachtränen in meinen Augen,
weil ich nach außen hin lachte.
Ich habe geschwiegen,
und alle dachten, ich habe nichts zu sagen,
während es in mir schrie.
Ich habe geliebt,
aber ihr konntet es nicht wissen,
da ich nur Belangloses erzählte,
während in mir die Wellen der Liebe
an den Klippen der Angst zerbrachen.
Unsere Toten sind nicht abwesend
sondern nur unsichtbar.
Sie schauen mit ihren Augen voller Licht
in unsere Augen voller Tränen.
Augustinus
Der Geist wurde nie geboren
Der Geist wird nie aufhören zu sein
Nie gab es eine Zeit, da er nicht war.
Ende und Anfang sind nur Träume.
Ohne Geburt, ohne Tod, ohne Wandel
Bleibt der Geist ewig bestehen.
Der Tod hat ihn nie berührt,
wenn auch die Hülle als tot erscheint.
(Sterbegebet der Sioux)
Segen der Trauernden Gesegnet seien alle, Marie-Luise Wölfing |
Ich bin von Euch gegangen,
nur für einen kurzen Augenblick
und gar nicht weit
Wenn Ihr dahin kommt
wohin ich gegangen bin
werdet Ihr Euch fragen
warum Ihr geweint habt
Lao Tse
wußten sie schon -
daß die nähe eines menschen
gesund machen
krank machen
tot und lebendig machen kann -
wußten sie schon -
daß die nähe eine menschen
gut machen
traurig machen
böse und froh machen kann -
wußten sie schon -
daß das wegbleiben eines menschen
sterben lassen kann
daß das kommen eines menschen wieder leben läßt -
wußten sie schon -
daß die stimme eines menschen
einen anderen menschen wieder aufhorchen läßt
der für alles taub war -
wußten sie schon -
daß das wort oder das tun eines menschen
wieder sehend machen kann
einen
der für alles blind war
der nichts mehr sah
der keinen sinn mehr sah in der welt
und in seinem leben -
wußten sie schon -
daß das zeithaben für einen menschen
mehr als geld
mehr als medikamente
unter umständen mehr ist als eine geniale operation
wußten sie schon -
daß das anhören eines menschen wunder wirkt
daß das wohlwollen zinsen trägt
daß ein vorschuß an vertrauen
hundertfach auf uns zurückkommt
wußten sie schon -
daß tun mehr ist als reden -
wußten sie schon -
daß der weg vom wissen über das reden zum tun
sehr weit und beschwerlich ist?
Mitmenschen, nehmt uns Trauernde anGeht behutsam mit uns um, denn wir sind schutzlos. Die Wunde in uns ist noch offen und weiteren Verletzungen preisgegeben. Wir haben so wenig Kraft, um Widerstand zu leisten.
Gestattet uns unseren Weg, der lang sein kann. Drängt uns nicht, so zu sein wie früher, wir können es nicht. Denkt daran, daß wir in Wandlung begriffen sind. Laßt euch sagen, daß wir uns selbst fremd sind. Habt Geduld.
Wir wissen, daß wir Bitteres in eure Zufriedenheit streuen, daß euer Lachen ersterben kann, wenn ihr unser Erschrecken seht, daß wir euch mit Leid konfrontieren, das ihr vermeiden möchtet
Wenn wir eure Kinder sehen, leiden wir. Wir müssen die Frage nach dem Sinn unseres Lebens stellen. Wir haben die Sicherheit verloren, in der ihr noch lebt.
Ihr haltet uns entgegen: auch wir haben Kummer! Doch wenn wir euch fragen, ob ihr unser Schicksal tragen möchtet, erschreckt ihr. Aber verzeiht: unser Leid ist so übermächtig, daß wir oft vergessen, daß es viele Arten von Schmerz gibt.
Ihr wißt vielleicht nicht, wie schwer wir unsere Gedanken sammeln können. Unsre Kinder begleiten uns. Vieles, was wir hören, müssen wir auf sie beziehen. Wir hören euch zu, aber unsere Gedanken schweifen ab.
Nehmt uns an, wenn wir von unseren Kindern und unserer Trauer zu sprechen beginnen. Wir tun das, was in uns drängt. Wenn wir eure Abwehr sehen, fühlen wir uns unverstanden und einsam.
Laßt unsere Kinder bedeutend werden vor euch.
Teilt mit uns den Glauben an sie. Noch mehr als früher sind sie eine Teil von uns. Wenn ihr unsere Kinder verletzt, verletzt ihr uns. Mag sein, daß wir sie vollendeter machen, als sie es waren, aber Fehler zuzugestehen fällt uns noch schwer. Zerstört nicht unser Bild. Glaubt uns, wir brauche es so. |